Schlagwort: Pflanzeninhaltsstoffe

Mädesüß und Baldrian

Schwer hat man’s, wenn man ein Neuling beim Pflanzenbestimmen ist. Auch mir fällt es nicht immer ganz leicht, eine Pflanze genau zu definieren. Kein Meister ist vom Himmel gefallen! Aber man kann’s lernen – es ist gar nicht so schwer!

Worauf muss man beim Bestimmen zumindest achten?

Zuallerst möchte ich festhalten: eine Pflanze abzupflücken oder gar auszureißen, das sollte man unterlassen! Man kann eine Pflanzenbestimmung am besten direkt vor Ort mit Hilfe eines guten Bestimmungsbuches machen.

Zuerst schauen wir uns den allgemeinen Wuchs an:

  • Wie ist der Stängel? Glatt, riffelig, gleichmäßig grün oder irgendwie gefleckt, behaart?
  • Wenn ich eine Blüte finde, wie sieht sie allgemein aus? Im Detail: wieviele Blütenblätter, vor allem auch, welche Farbe hat die Blüte?
  • Handelt es sich um eine Dolde oder eine Einzelblüte?
  • Und dann das Blatt: wie ist es geformt?
  • Wenn mehrere Blätter: gibt es eine Blattrosette? Stehen sich die Blätter genau gegenüber (gegenständig)? Sind sie in jeder „Etage“ andersrum gedreht? (Wechselständig gegenständig) Stehen sie als Einzelblatt? Oder wie sieht das Blattwerk überhaupt am Stängel aus?
  • Und nicht zu unterschätzen ist natürlich der Standort der Pflanze!

Mit all diesen Informationen können wir nun zur Tat schreiten, unser Pflanzenbestimmungsbuch öffnen und nach der richtigen Pflanze suchen.

Unterschiedliche Blätter

Hier erst einmal einen typischen Blattstand und eine typische Blattform für den Baldrian (Valeriana officinalis):

Man sieht, dass die Blätter „gefiedert“ sind und sich paarweise gegenüber stehen, also ein Blatt steht einem zweiten Blatt genau gegenüber. Im Bestimmungsbuch findet man dazu die Information „ein Baldrianblatt besitzt 3-14 Fiederpaare sowie eine Endfieder“. Wenn wir uns also eines dieser Blätter ansehen, erkennen wir, dass ein Blatt 4 Fiederpaare besitzt und das andere 3. Die unteren Blätter besitzen einen Stiel, während die oberen Blätter direkt am Stängel sitzen. Und beim genauen Blick auf die Blätter finden wir auch, dass sie gezackte Ränder besitzen.
Der Stängel des Baldrians ist „geriefelt“.

Beim Mädesüß (Filipendula ulmaria) finden wir völlig andere Blattformen! Werfen wir einmal einen Blick darauf:

Wir finden hier „wechselständige“ Blätter vor. An einem Blattstiel befinden sich kleine, paarig angeordnete Blättchen – „Seitenfiedern“, die ein wenig eiförmig erscheinen, mit ausgezackten Rändern und einer Spitze. Und am Ende jeden Blattstiels sitzt ein fast immer dreigeteiltes Blatt, auch dieses ist gezähnt. Die Blätter sind eher derb, wenn wir sie befühlen.

Der Stängel des Mädesüß ist aufrecht und – je höher die Pflanze gewachsen ist – auch im oberen Teil sehr biegsam. Er fühlt sich „kantig“ an.

Gehen wir mit unserem Blick ein wenig höher zu den Blüten

Die Baldrianblüte ist genaugenommen ein doldiger Blütenstand. Baldrian gehört zu den Valerianaceae, den Baldriangewächsen, die ihrerseits wiederum eine Untergruppe der Geißblattgewächse (Caprifoliaceae) sind. Übrigens kommt der Name „Caprifoliaceae“ aus dem Lateinischen: „Capri“ = die Geiß, „folia“ = das Blatt – gar nicht sooo schwer zu übersetzen…

 

 

 

 

 

 

 

 

Das Bild links zeigt die Baldrianblüte vor dem Aufblühen, am Bild rechts (drei Tage später) ist die Blüte bereits offen. Es handelt sich um die gleiche Pflanze! Man kann hier auch erkennen, dass sich der Stängel stark gestreckt hat.

Die Blüten des Baldrians können übrigens farblich variieren, es gibt nicht nur weiße Blüten, sondern oftmals auch rosafarbene:

Typisch ist für den Baldrian-Blütenstand auch die halbkugelige Form. Die einzelne Blüte ist – je nach Standort und Sorte – zwischen 3 und 8 mm lang, ist leicht trichterförmig (wenn man ein Blütchen herauszupft, ist das gut zu erkennen) und besitzt 5 Blütenblättchen.

Den Blütenstand des Mädesüß, es gehört zu den Rosengewächsen (Rosaceae), nennt man „endständige Doldentraube“. Sie ist immer etwas einseitig gewachsen, denn die Seitenzweige dieser Doldentraube sind teilweise länger als die Hauptachse.

Linke Abbildung: noch nicht ganz aufgeblüht, rechts knapp vor dem Verblühen.

 

 

 

 

 

 

Auf dem linken Bild sieht man deutlih die unterschiedlich hohen Seitenzweige.

Die einzelne Blüte der Mädesüß-Dolde ist – wie bei allen Rosengewächsen – fünfblättrig. Die Blüten öffnen sich immer gruppenweise, niemals die gesamte Blüte auf einmal.

Und jetzt noch zum Geruch

Auch der Duft der Pflanzen hilft uns, sie einzuordnen!

Baldrian: Die Blüten und Blätter riechen herb-krautig. Die Wurzel (die wir im Herbst graben können) riecht penetrant nach Schweißfüßen, man kann ihn auch mit dem Geruch rolliger Katzen vergleichen.

Mädesüß: Da duftet es nach Marzipan, süßlich und fast betäubend.

Zur Ergänzung die Inhaltsstoffe

Was wir natürlich bei der Pflanzenbetrachtung nicht sehen können, sind die Inhaltsstoffe der Pflanzen. Ich möchte Sie Ihnen hier aber nicht vorenthalten.

Baldrian

Beim Baldrian werden in der Volksheilkunde die Wurzeln verarbeitet. Sie enthalten ätherisches Öl (das natürlich auch in der Aromatherapie eingesetzt wird), Valerensäure, Gerbstoffe, Glykoside, Alkaloide und Valepotriate. Diese Kombination wird vor allem bei Nervenleiden und Schlafstörungen geschätzt.
Baldrian hat sich auch als schmerzstillend, krampflösend und blutdrucksenkend erwiesen.

Mädesüß

Die Inhaltsstoffe des Mädesüß finden wir sowohl in den Blüten, den Blättern als auch in der Wurzel: Gaultherin, Salicylsäure, ätherisches Öl, Gerbstoffe, Schleimstoffe, Flavonglykoside, Heliotropin und Vanillin.
Mädesüß hat sich volksheilkundlich vor allem als schmerzlindernd, harntreibend, schweißtreibend und blutstillend erwiesen. Die schmerzlindernde Eigenschaft brachte die Pharmazie auch dazu, daraus das Aspirin zu entwickeln.

 

Pflanzeninhaltsstoffe

Tinkturen

Vor wenigen Tagen habe ich im Österreichischen Verband für Radiästhesie und Geomantie in Wien einen Vortrag zum Thema Pflanzeninhaltsstoffe gehalten.

Sie haben die Möglichkeit, diesen Beitrag auf YouTube anzusehen. Hier finden Sie den Link dazu (klick!).

Viele Pflanzen können heute – aufgrund ihrer Inhaltsstoffe – medizinisch genutzt werden. In früheren Zeiten wurde in der Volksheilkunde bereits eine Reihe davon angewendet, ohne dieses chemische Hintergrundwissen. Einige der Informationen unserer heutigen Zeit verunsichern. Teilweise zu unrecht, teilweise mit gutem Grund. Aber sehen Sie bitte selbst!

Beinwell

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Junge Beinwellpflanze mit Knospen

Der Beinwell, Symphythum officinalis, liebt meinen Garten! Und ich, ich liebe Beinwell!

Auf dem Bild sieht man übrigens bereits die Blütenknospen. Und man kann die feinen Härchen erkennen, die seine Blätter so filzig-weich machen…

Warum ich mich darüber freue, dass der Beinwell eine relativ große Fläche eines meiner Beete in Besitz genommen hat? Das ist schnell erklärt: In unserer Familie herrscht ein ständiger Bedarf an Beinwellsalbe, aber auch an Beinwell-Blütengel.

Beinwell kurz botanisch

Symphytum officinalis gehört zu den Raublattgewächsen (Boraginaceae).
Früher wurde er auch „Wallwurz“ oder „Beinwurz“ genannt, was auf seine Verwendung bei Beinbrüchen hinweist.
Es gibt etwa 40 Unterarten.
Die Wurzeln sind eher fleischig und knotig. Das Kraut ist rau und borstig behaart. Die Blütenfarben können – je nach Unterart – von gelblich-weiß bis dunkellila reichen. Die Blüten sind zwittrig und bilden einen sogenannten entständigen Doppelwickel.

Wann gräbt man nach der Wurzel?

Beinwellwurzeln kann man im Herbst graben, wenn die Pflanze „einzieht“, aber auch im zeitigen Frühjahr, bevor die Blüten zu sprießen beginnen. Jetzt wären meine Beinwell-Pflanzen bereits zu groß gewachsen.
Wenn man die Wurzel entnimmt, sollte man einen Teil davon in der Erde belassen bzw. der Erde wieder zurückgeben. Aus einem kleinen Wurzelstück kommt nämlich der nächste Trieb rasch wieder heraus und die Pflanze kann weiterleben.

Wie mach ich das aber mit der Beinwellsalbe?

Zuerst wird die Wurzel gesäubert und klein geschnitten. Ich schneide sie immer in dünne Scheibchen. Danach gebe ich sie in ein altes Reinderl. Die Wurzelstückchen werden mit Mandelöl übergossen (Sie können natürlich auch so ziemlich jedes andere fette Pflanzenöl dafür verwenden, das Sie in Ihrer Küche verwenden – Sonnenblumenöl, Rapsöl oder Olivenöl eignen sich beispielsweise dafür ebenso.). Ich mache den Ölauszug aus Wurzeln übrigens immer im Heiß-Verfahren, also bei einer Temperatur von ca. 60°C über einen Zeitraum von ca. 2 Stunden! Danach bleibt das Gemisch noch über Nacht stehen und wird am nächsten Tag abgeseiht.

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Bienenwachs im Beinwell-Mazerat aufschmelzen

In das abgeseihte Mazerat kommt nun das Bienenwachs dazu, das bei einer Temperatur von etwa 65°C rasch schmilzt (das mache ich im Wasserbad).

Sie benötigen für eine Menge von 30 ml Mazerat ca. 2 g Bienenwachs. Wollen Sie die Salbe vegan herstellen, verwenden Sie dafür bitte anstelle des Bienenwachses 8 g Kakaobutter (die schmilzt bereits bei einer Temperatur von ca. 40°C).

 

Damit meine Salbe wirkungsvoller wird, gebe ich dazu noch ätherische Öle. Am liebsten Lavendel fein und Grapefruit, es darf aber, wenn ich sie als Schmerz-Salbe verwenden möchte, auch mal etwas „Stärkeres“ sein.

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Beinwellmazerat mit geschmolzenem Bienenwachs

Und dann darf schon in die Glastiegel umgefüllt werden!

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Fertige Salbe

Einsatzgebiete für die Beinwell-Salbe

Ich verwende sie gerne bei Prellungen oder anderen stumpfen Verletzungen. Hilfreich ist Beinwell-Salbe auch bei Rheuma und bei schlecht heilenden Wunden. Meiner Schwester hilft sie bei der Narbenpflege. Und derzeit unterstützt sie mich – in etwas „üppigerer“ Form – meinen Schambeinbruch auszuheilen.

Warum wirkt der Beinwell bei diesen Verletzungen?

Beinwell enthält Allantoin, Gerbstoffe, Schleimstoffe, Kieselsäure, Cholin (Vitamin B-Gruppe) und außerdem noch Pyrrolizidinalkaloide (die ihn lange Zeit „verpönt“ gemacht haben). Er fördert die Zellneubildung, die Regeneration des Gewebes und auch des Knochengewebes. Bei schwachen Bändern und schwacher Muskulatur ist Beinwell aus oben genannten Gründen ebenfalls hilfreich.

Die enthaltenen Schleimstoffe kühlen und beruhigen, die Gerbstoffe unterstützen die Heilwirkung des Allantoins, vor allem auch bei Blutergüssen und Schwellungen.

Was ist Allantoin?

Allantoin ist ein Stoff, der aus der Harnsäure gewonnen werden kann. Im Beinwell kommt es in natürlicher Form vor. Gerade das Allantoin ist für die Zellbildung verantwortlich.

Das Beinwell-Gel

wird aus Blüten des Beinwells hergestellt. Wie wir das machen, folgt im Sommer, wenn wir die Blüten ernten können.

Beinwell-Gel hat sich besonders bei müden, angeschwollenen Beinen (vom langen Stehen oder von einer längeren Wanderung) als angenehm kühlend bewährt.

Pflanzeninhaltsstoffe – Schleimstoffe

„Bäh, Schleimstoffe“, so meinte meine Enkeltochter, „das klingt so grauslich, Omi!“ Grauslich hin oder her – gerade die Schleimstoffe der Pflanzen können für uns wichtig werden…

Schauen wir uns doch einmal an, woraus sie bestehen und wofür man sie brauchen könnte. Und vor allem: in welchen Pflanzen wir sie finden.

Sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe

Schleimstoffe gehören zu den sekundären Pflanzeninhaltsstoffen. Sie sind in der jeweiligen Pflanze zumeist als zähflüssige „Reservestoffe“ vorhanden.
Chemisch betrachtet gehören sie zu den natürlichen Polymeren („polymer“ ist griechisch und bedeutet „aus vielen gleichen Teilen aufgebaut„). Wir haben es daher mit relativ großen Molekülen zu tun.
Schleimstoffe leiten sich von den Polysacchariden ab (= Mehrfachzucker, siehe auch mein Blogbeitrag dazu – klick!). Wir haben es also mit kohlenhydrathaltigen Verbindungen zu tun. Man nennt die Schleimstoffe daher auch Hetero-Polysaccharide. Sie besitzen die Fähigkeit, im Wasser stark aufzuquellen und eine hochviskose (= schleimige) Flüssigkeit zu liefern. Dabei kleben sie aber nicht.

Wo befinden sie sich in der Pflanze?

Wir finden die Schleimstoffe in den Vakuolen und in den Zellwänden der Pflanzenzellen. In den Vakuolen dienen sie als Reservespeicher und binden Wasser an sich.
Mit Hilfe der Schleimstoffe werden der Pflanzensaft und die Umgebung der Samen länger und besser feucht gehalten. Die Verdunstung wird verzögert und das wiederum liefert bessere Wachstumsbedingungen für die Keimlinge. Außerdem wird durch den Schleimmantel verhindert, dass die Samen durch die Verdauung der Tiere zerstört werden, in deren Magen sie gelangt sind. Sie werden unverdaut ausgeschieden und können so zur Fortpflanzung beitragen.
Aber man findet die Schleimstoffe auch in den Pflanzensamen. Dort verhelfen sie dazu, dass die für das Pflanzenwachstum wichtigen Stoffe besser gebunden werden können.

malven

Wie wirken Schleimstoffe bei Mensch und Tier?

Sie legen einen reizmildernden Überzug über die entzündeten Schleimhäute: beim Trinken eines Tees, der Schleimstoffe enthält, legen sie sich beispielsweise zuerst über die Rachenschleimhaut, im Magen dann über die Magenschleimhaut. Dadurch schützen sie von außen (z.B. gegen die Magensäure) und die darunter liegende Schleimhaut kann schneller abheilen.

Positiv wirkt auch ihre säurepuffernde Wirkung – z.B. bei Sodbrennen. Auch bei Ekzemen und Hautentzündungen werden sie reizmildernd eingesetzt.
In aufgequollenem Zustand können Schleimstoffe auch andere gelöste Substanzen an sich binden.

Achtung allerdings: sie beeinflussen die Wirkungsintensität der anderen pflanzlichen Wirkstoffe stark.

SCHLEIMSTOFFE SIND NICHT SCHLEIMLÖSEND!!!

Schleimdrogen sollten immer frisch zubereitet werden. Unbedingt mit kaltem oder lauwarmem Wasser ansetzen und quellen lassen – man nennt das Kaltwasserauszug.

Allerdings: Achten Sie bitte auf die Dauer des Quellvorganges!
Bei Halsschmerzen lassen wir die Teedroge (z.B. Malve, Eibisch) nicht länger als 1 Stunde aufquellen.
Bei Magenschmerzen sollte die entsprechende Teedroge ca. 12 Stunden quellen!
Danach wird auf Trinktemperatur erwärmt – nicht kochen!!

Einige Beispiele für schleimhaltige Teedrogen

Hier findet sich so manches Kräutlein, das wir gerade jetzt in Erkältungszeiten gut gebrauchen können:
Leinsamen (Linum usitatissimum) – enthält bis zu 20% Schleimstoffe, wirkt stuhlregulierend, ist unverdaulich
Malve (Malva sylvestris) – hier finden wir in den Blüten bis zu 10% Schleimstoffe
Eibischwurzel (Althea officinalis radix) – 10 – 15% Schleimstoffe
Linde (Tilia platyphyllos und Tilia cordata) – die Schleimstoffe sind in den Blüten
Huflattich (Tussilago farfara) – in Blüte und Blatt befinden sich bis zu 8%
Spitzwegerich (Plantago lanceolata) – 7% Schleimstoffe in den Blättern

Interessiert Sie, welche Pflanzeninhaltsstoffe es noch gibt und welche Wirkung sie auf unseren Körper haben? Wir freuen uns, Sie bei unseren Kräuterwanderungen begrüßen zu dürfen: im Anschluss daran findet jeweils ein Workshop mit Wissensvermittlung zu diesem Thema statt! Infos finden Sie in unserem Veranstaltungskalender (klick!)!

Der Bäume neue Kleider

Woran erkennen wir, dass der Herbst ins Land gezogen ist? Wir erkennen’s nicht nur am Wetter, sondern auch an den neuen Kleidern der Laubbäume: sie verfärben sich!

Warum tun sie das? Und warum tun die Nadelbäume das nicht (oder tun sie es auch)? Eine gute Frage!

Bleiben wir aber zunächst beim Laubbaum. Man nennt sie auch „sommergrüne“ Pflanzen. Sie unterliegen einem jahresperiodischen Blattwechsel. Bevor die Blätter im Herbst zu fallen beginnen, wird durch ein Phytohormonsystem ein Trenngewebe vorbereitet. Es bildet sich zwischen dem Blattstiel und dem Ansatz am Zweig. In diesem Gewebe vollzieht sich also die Ablösung des Blattes.
Der Baum verabschiedet sich von seinem Blätterkleid, weil im Winter die Wasserversorgung grundsätzlich geringer ist und er dadurch den Wasserverlust über seine Blätter verringern kann. Im Herbst kühlt sich der Boden bereits weitgehend ab und die Wurzeln des Baums können immer weniger Wasser aufnehmen. Wenn es kälter wird, also die Temperatur nahe dem Gefrierpunkt ist, wird die Wasseraufnahme zur Gänze eingestellt. Wenn der Baum seine Blätter behalten würde, würden diese aber weiterhin Wasser verdunsten und der Baum würde quasi verdursten.

herbstlaub3Das erklärt uns aber nicht, warum die Blätter sich zuvor verfärben…
Hier spielt sich ein chemisch-biologischer Vorgang ab, der bedingt durch einen Abbau der Proteine erfolgt. Stickstoff und Phosphat werden in den Speichergeweben des Baums bis zur nächsten Wachstumsperiode zwischengelagert. Das Chlorophyll (wir wissen: das ist das Blattgrün) wird nun bei der Photosynthese mit abgebaut. Das, was wir nun dadurch erkennen können, sind die gelblich-roten Carotinoide des Blattes.
Zu Beginn verliert ein Blatt meist an seinen Rändern das Grün und beginnt sich zu verfärben.

Und warum werden einige Blätter so richtig Rot?

Das hängt ebenfalls mit einem Farbstoff zusammen, mit dem Anthocyan. Warum manche Bäume ihr Blattwerk ins Weinrot verändern, ist nicht ganz klar. Man vermutet, dass die Farbe zur Abschreckung von Insekten dienen könnte, die sonst möglicherweise ihre Eier darauf ablegen wollten.

Anders sieht das bei den Nadelbäumen aus: ihr „Laub“, die Nadeln, sind von einer Art Wachs überzogen, das die Verdunstung verhindern soll. Dadurch können diese „Blätter“ mehrere Jahre überdauern, bevor sie braun abfallen.

Genießen wir also die roten und gelben Farbtupfer in unseren Wäldern, die besonders schön leuchten, wenn sie von den schräg einfallenden Sonnenstrahlen geküßt werden! Möge ein schöner Herbst mit uns sein!

Raublattgewächse, Teil 2

Beinwell

Ein weiteres Raublattgewächs, das derzeit in Blüte steht, ist der Beinwell (Symphytum officinalis). Er gehört zu meinen Lieblings-Wildkräutern und ich bin sehr glücklich, dass auch er sich ganz freiwillig in meinem Garten angesiedelt hat.

Beinwell ist ebenfalls schon sehr sehr lange in der Volksheilkunde beliebt. Man hat ihn in vergangenen Zeiten vor allem auch als Mittel bei Beinbrüchen eingesetzt – es wurde ihm eine extrem hohe Heilkraft bei allen Brüchen und stumpfen Verletzungen nachgesagt.

Es gibt verschiedene Arten des Beinwell: allein auf Wikipedia wird eine lange Liste davon angegeben. Bei uns hier in Buchbach findet man vor allem den Echten Beinwell (blau blühend) und den Herzblättrigen Beinwell (gelb blühend). In meinem Garten gibt es auch noch eine rosa blühende Form, ich vermute, dass es sich dabei um eine Züchtung handelt.

Ich grabe jedes Jahr ein paar Stücke von Beinwell-Wurzeln aus und verarbeite sie zu heilsamen Salben. Auch der Beinwell enthält Allantoin – wir haben diesen Pflanzeninhaltsstoff bereits beim Lungenkraut kennengelernt. Hier ein kurzer Überblick über seine wichtigsten weiteren Inhaltsstoffe:
Gerbstoffe
Kaffeesäure
Chlorogensäure
Pyrrolizitinalkaloide

Wegen seiner Pyrrolizitinalkaloide, die je nach Wachstumsfortschritt unterschiedlich hoch in den Teilen der Pflanze enthalten sind, wird grundsätzlich von einer Einnahme abgeraten. Eine äußerliche Anwendung hingegen ist zumeist unbedenklich.

Ich schätze ihn – wie schon oben erwähnt – vor allem als Wirkstoff für meine Beinwellsalbe, die in meinem Freundeskreis und der Familie ihre Wirksamkeit schon oft bei Prellungen und stumpfen Verletzungen unter Beweis gestellt hat. Das Rezept dafür (Sie finden übrigens auch eines in meinem Buch „SOS Hexenschuss„):

1 Stück Beinwell-Wurzel, möglichst frisch, wird sorgfältig unter fließendem Wasser gereinigt und in möglichst kleine Stücke geschnitten. Der Saft der Beinwell-Wurzel ist übrigens ziemlich schleimig und klebrig. Die Stücke werden in ein altes Reinderl gegeben und gut einen halben Finger hoch mit Öl bedeckt. Ich verwende dafür entweder Mandelöl oder Jojobaöl. Auf dem Herd etwa 1 1/2 bis 2 Stunden langsam bei niedrigster Temperatur (max. 60° C) „ausziehen“. Danach lasse ich diese Mischung einfach ausdampfen und für etwa 12 Stunden ruhen, den Topf dabei bitte nur mit einem Küchentuch aus Stoff bedecken. Danach durch ein Stoff-Teesieb abseihen. Dieser Ölauszug wird nun zur Salbe verarbeitet: je nachdem, wieviel Öl ich nun habe, benötige ich die entsprechende Menge Bienenwachs dazu (100 ml Ölauszug – ca. 8 – 10 g Bienenwachs).
Abgefüllt in Glastiegel hält sich diese Salbe gut ein Jahr.

Siehe auch meinen Beitrag über die Herstellung einer Beinwellsalbe… (klick)

 

 

Raublattgewächse, Teil 1

Jetzt blühen sie wieder, die meisten Raublattgewächse. Allen voran Lungenkraut, Beinwell und Vergißmeinnicht. Die anderen werden in Kürze folgen. Spannend ist für mich, dass diese Pflanzenfamilie so umfangreich ist und so viele unterschiedliche Einsatzmöglichkeiten bietet. Gehen wir sie mal der Reihe nach ein wenig durch:

Lungenkraut (Pulmonaria officinalis)

Das Lungenkraut wächst bei mir im Garten. Und als wir vor nun gut 9 Jahren hierher gezogen sind, kam es für mich gerade zur rechten Zeit: hier auf 500 m Seehöhe sollte meine Bronchitis (in langen Jahren in Mödling „aufgebaut“) endlich ausheilen können.

Das Lungenkraut wird schon seit langen Jahren als Volksheilmittel bei allen Beschwerden der Lunge und der Bronchien eingesetzt. Sein Habitus (= Aussehen) gleicht den Lungenbläschen, so sagt man. (Damit sind die weißen Flecken auf seinen Blättern gemeint.) Und die rosa und blauen Blüten sollen das arterielle und venöse Blut darstellen.

Die Blütenfarbe hat einen anderen Hintergrund: es handelt sich bei den rosafarbenen Blüten um solche, die vom pH-Wert her sauer sind. Sie laden die Insekten zur Bestäubung ein. Die blauen Blüten wurden bereits von einer Hummel beispielsweise besucht, sie verfärben sich durch einen alkalischen Prozess – ihr pH-Wert wandert ins Basische. Warum das so ist, darüber weiß man noch viel zu wenig!

Die wichtigsten Inhaltsstoffe des Lungenkrauts kurz zusammengefaßt:
Schleimstoffe (wichtig, weil sie sich über die angegriffenen Schleimhäute des Rachens bei Husten legen können)
Gerbstoffe (wirken adstringierend)
Kieselsäure
Saponine
Flavonoide
und in den Blüten die für die Farbe wichtigen Anthocyane (die übrigens auch auf unser Immunsystem stärkend wirken)
Außerdem findet sich der Wirkstoff Allantoin – eine Stickstoff-Verbindung. Allantoin ist ein Stoff, der besonders auch in der Naturkosmetik gerne für den Zellaufbau der Haut eingesetzt wird. Er ist typisch für die Raublattgewächse.

Der beliebteste Standort für das Pflänzchen ist übrigens im lichten Laubwald (oder so wie bei mir im Garten unter meinen Rosenstöcken). Und es kann bis in die mittelgebirgigen Lagen gefunden werden.

Für Tee empfiehlt es sich, das Lungenkraut geeinsam mit anderen Kräutern zu verwenden. Ich mag folgende Mischung bei Husten, rauem Hals und Heiserkeit besonders gern:
1 Teil Lungenkraut (Blüte und Blatt)
1 Teil Primelblüten oder Himmelschlüsselblüten
1 Teil Huflattich (Blüte und Blatt)
1 Teil Cistus
Davon für Erwachsene 1 Esslöffel in die Teekanne, mit 250 ml heißem Wasser übergießen, 5-8 Minuten ziehen lassen. Eventuell mit etwas Honig süßen. In kleinen Schlucken trinken.
Für Kinder sollte man lediglich 1 Teelöffel der Mischung verwenden (ab 3 – 4 Jahren, darunter bitte den Huflattich weglassen).

 

 

Knospen – Quell der Jugend?

Immer wieder wird mir im Zusammenhang mit meinen Seminaren und Workshops die Frage gestellt, wie das mit den Knospen eigentlich sei…
Ich selbst bin zur Anwendung von Knospen schrittweise hingeführt worden: Als Kind haben wir oftmals Knospen vom Kirschbaum meines Onkels geknabbert, eigentlich völlig unbewußt, was wir da zu uns nehmen. Sie haben mich einfach „angelacht“, mit ihrer glänzend braunen Hülle…

Als damals beinahe noch „frischgebackene“ Energetikerin mit eigener Praxis habe ich in den späten 90er Jahren so ziemlich alles an Literatur zu Pflanzen und ätherischen Ölen verschlungen, was mir so in die Hände fiel. Da gab es über Knospen noch recht wenig zu lesen.
Im Jahr 2004 kam dann das Buch von Barbara Olesko auf den Markt, „Die Kraft der Pflanzen“ heißt es und ist für mich nach wie vor interessantes Nachschlagewerk.
Barbara Olesko schreibt darin über Phytotherapie und im Besonderen über die Gemmotherapie. Und da sind wir beim Thema dieses Blogs angelangt…

Was ist „Gemmotherapie“?

In der Gemmotherapie werden die embryonalen Pflanzenteile verwendet, nämlich in erster Linie Knospen, Triebe und Wurzelspitzen. Sie werden für diese besondere Form der Phytotherapie in pflanzliches Glycerin eingelegt und verarbeitet. Dies erlaubt, dass die pflanzlichen Hormone, Enzyme und Eiweißstoffe sehr gut im Präparat erhalten bleiben.

Schon in der Antike und später auch im Mittelalter, bis herauf in die Neuzeit, wurden aus Fichtenwipferln oder Tannenwipferln Heilmittel hergestellt. Aber nicht nur das: auch die Alchemie beschäftigte sich mit Sprossen und jungen Pflanzenteilen. Man wußte schon damals, dass in diesen Knospen und Sprossen bereits alle Informationen der jeweiligen Pflanze enthalten waren.

In den 70er Jahren begann der belgische Mediziner Dr. Pol Henry, sich gezielt mit Gemmotherapie zu beschäftigen. Er fand eine Möglichkeit, diese „Quintessenz“ der Pflanzen mit Glycerin haltbar und leicht zugänglich zu machen.

Der Stoffwechsel junger Pflanzenteile, also von Sprossen, Knospen, Trieben, ist – wie bereits oben erwähnt – reich an Enzymen und Hormonen, ebenso wie an Eiweiß. Und gerade dieser Eiweißanteil wird von unserem Körper sehr gut „verstanden“. Das bedeutet vor allem auch, dass ein besonderer Heilimpuls von Sprosssen, Trieben und vor allem Knospen auf den menschlichen Körper ausgeht.

Bei der Gemmotherapie werden frisch geschnittene junge Pflanzenteile in Glycerin und Alkohol eingelegt und können nach etwa drei bis vier Wochen bereits eingesetzt werden.

Der Kurs zum Thema findet am Samstag, 13.2.2016 statt. Anmeldungen bitte über das Kontaktformular oder über meine Mailadresse Ingrid@kleindienst-john.at

 

Eichen

Ich habe ein gewisses Faible für Eichen, ich gebe es zu! Eichen sind stark und sie können sehr alt werden. In unserer Umgebung gibt es viele Eichen, hier bei Buchbach findet man sie vor allem im Mischwald. Aber es gibt zwei Eichen, die solitär auf einer meiner Lieblingswiesen stehen, kraftvoll und stark. Wie alt sie sind, kann ich nur schätzen. Aber sie haben für mich etwas Saturnisches an sich.Eichen

Eichen besitzen besonders viel Yang-Energie, die Kraft des Jupiters. Ihre Äste sind weit ausladend – die Signatur des Mars. Sie benötigen viel Licht, also auch Sonnensignatur?

Ich habe mich mit der Signatur und den Elementen der Eiche lange Zeit beschäftigt. Einiges davon finden Sie in meinem Buch „Pflanzen und Elemente“ (erschienen im Freya-Verlag 2013).

Die Heilkraft der Eiche liegt vor allem in ihrer Rinde. Eichenrindenextrakt wird vor allem bei chronischen Schleimhautentzündungen und Ekzemen eingesetzt, vor allem auch im Anal- und Genitalbereich (Sitzbäder).
Das erklärt sich aus dem großen Anteil an wasserlöslichen Gerbstoffen, die sich in der Rinde befinden. Eichenrinde ist antiseptisch. Sie können sie auch selbst sammeln: Man schabt sie von Mai bis Anfang Juni von jüngeren Ästen ab. Dann muss sie rasch getrocknet werden. Diese Rinde besitzt noch keine Borke und heißt „Spiegelrinde“.

Aber auch ein Auszug aus den Blättern wird gerne empfohlen, und zwar bei Durchfällen und Harninkontinenz. Man trinkt davon einmal täglich ein Tässchen (nur kurz ziehen lassen!). Äußerlich kann so ein Auszug bei Bindehautentzündung verwendet werden, und in Form eines Bades bei Gebärmutterleiden.

In einem alten Kräuterbuch bin ich ebenfalls fündig geworden: „Eichenlaub…inn Wein gesotten / stillet gewißlich alle bauchflüß / desgleichen der Weiber blödigkeit (Unpässlichkeit) … So jemand von einem gifftigen Thier oder Wurm gestochen were / der trincke gepülvert Eicheln…“ (Hieronymus Bock, 1539).

Mein Vortrag beim FNL-Kongress

Hier finden Sie den Link zu den Folien meines Vortrags beim FNL-Kongress in St. Georgen am Längsee und hier zur PDF-Datei der Kurzfassung: Vortrag St. Georgen – Kurztext.

Wenn Sie mehr zu den Inhaltsstoffen von Pflanzen hören bzw. lernen wollen, so gibt es etwas längere Versionen in den Heften des FNL aus dem Jahr 2014 nachzulesen bzw. bei unseren einzelnen Seminaren im Jahreskreis, die jeweils im Anschluss an unsere Kräuterwanderungen stattfinden.